Mit „Queen of Drags“ geht 2019 auf ProSieben die erste Primetime-Drag-Queen-Show im deutschen Fernsehen on Air. Ein TV-Format, das einmal mehr deutlich macht: Fernsehen hat die Chance und das Privileg, Menschen zu bewegen – als Spiegel einer pluralistischen Gesellschaft, die auch im 21. Jahrhundert noch Nachholbedarf in Sachen Toleranz hat. Als klares Zeichen gegen Hate Speech und Diskriminierung. Und als kreativer Impulsgeber für Neues. Was es dazu braucht? Mut. Bei Machern und Zuschauern. Ein Showkonzept, das unterhält und informiert. Und dabei Vielfalt und Respekt in den Fokus rückt.

  • Foto aus „Queen of Drags“ (Photo)

    Bis zu 11,4 Prozent Marktanteil (E 14 – 49 J.) sowie 15 Millionen Video Views auf allen Plattformen (für den Staffelzeitraum plus eine Catch-up-Woche) erreichte die erste Staffel von „Queen of Drags“. Das Interesse am Thema ist vor allem unter den jungen Zuschauern groß: Durchschnittlich 17,2 Prozent der 14- bis 29-Jährigen verfolgen die wöchentlichen Shows.

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    Bis zu 11,4 Prozent Marktanteil (E 14 – 49 J.) sowie 15 Millionen Video Views auf allen Plattformen (für den Staffelzeitraum plus eine Catch-up-Woche) erreichte die erste Staffel von „Queen of Drags“. Das Interesse am Thema ist vor allem unter den jungen Zuschauern groß: Durchschnittlich 17,2 Prozent der 14- bis 29-Jährigen verfolgen die wöchentlichen Shows.

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    Bis zu 11,4 Prozent Marktanteil (E 14 – 49 J.) sowie 15 Millionen Video Views auf allen Plattformen (für den Staffelzeitraum plus eine Catch-up-Woche) erreichte die erste Staffel von „Queen of Drags“. Das Interesse am Thema ist vor allem unter den jungen Zuschauern groß: Durchschnittlich 17,2 Prozent der 14- bis 29-Jährigen verfolgen die wöchentlichen Shows.

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    Bis zu 11,4 Prozent Marktanteil (E 14 – 49 J.) sowie 15 Millionen Video Views auf allen Plattformen (für den Staffelzeitraum plus eine Catch-up-Woche) erreichte die erste Staffel von „Queen of Drags“. Das Interesse am Thema ist vor allem unter den jungen Zuschauern groß: Durchschnittlich 17,2 Prozent der 14- bis 29-Jährigen verfolgen die wöchentlichen Shows.

Vorurteile sind so eine Sache. Sie stereotypisieren, vereinfachen. Sie sind weit verbreitet, halten sich hartnäckig. Sie begleiten unseren Alltag. Wir hegen und bekämpfen sie oft gleichermaßen. Jeder hat sie, nur man selber nicht – oder etwa doch? Folge 1 von „Queen of Drags“: Einblick in den großen „Glam Space“ hinter der Show-Bühne. Drag Queen Katy Bähm verschüttet in der Hektik der Show-Vorbereitung ein Döschen glitzernden Puders – und gerät darüber mit Konkurrentin Aria Addams in Streit. Zicken-Zoff wegen ein bisschen Glitter? Mitstreiterin Candy Crash ist es, die die Situation mit Augenzwinkern und binnen Sekunden entschärft: „Ich hab‘ mir ja gedacht, dass es sicher die größten Dramen zwischen uns Drag Queens gibt. Aber doch nicht wegen Glitzer.“

Momente wie diese sind Christiane Heinemann ganz besonders in Erinnerung geblieben sind. Als Geschäftsführerin von Redseven Entertainment, der Produktionsfirma hinter „Queen of Drags“, ist sie bei den Dreharbeiten in Los Angeles im Spätsommer 2019 am Set dabei. „Uns war schnell klar: Stereotype Rollenbilder sind in den Köpfen aller Zuschauer. Aber wir haben die Chance, in dem Format auch das ‚dahinter‘ zu erzählen. Deshalb bilden wir Vorurteile bis zu einem gewissen Grad ab, um sie im nächsten Moment aufbrechen zu können. Und zu zeigen, dass oft so viel mehr hinter einer Fassade steckt, als man glaubt zu wissen.“

Info

Was bedeutet „Drag“?

Zur Herkunft des Begriffs „Drag“ gibt es verschiedene Hypothesen: Drag könnte die Abkürzung für „Dressed Resembling A Girl“ (dt. „angezogen nach Art eines Mädchens“) sein. Ebenso könnte der Begriff aus der Theaterszene des späten 19. Jahrhunderts stammen, die mit „to drag“ (dt. hinterherziehen) auf dem Boden schleppende Röcke bezeichnete. „Drag“ löste im deutschen Sprachraum Anfang der 1990er mehr und mehr den Begriff der Travestie ab. Im Gegensatz zur Travestie stellt Drag die politischen Absichten in den Vordergrund. Als „Drag Queens“ bezeichnen sich üblicherweise Personen mit männlicher Identität, wenn sie in Kleidung und Rollen schlüpfen, die nach der heterosexuellen Norm für das andere Geschlecht vorgesehen sind und dabei deutlich übertreiben. Durch die extreme Überzeichnung von in Optik und Verhalten gezeigten Geschlechternormen und -rollen, stellt das Drag-Sein ebendiese in Frage. Drags sind damit Teil einer Gemeinschaft, die unter dem Akronym LGBTIQ* zusammengefasst wird (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersexual, Queer; dt: Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transgender, Intersexuell, Queer). Der Begriff in seiner Gesamtheit als auch in den Einzelbedeutungen steht für Menschen, die wegen ihrer Geschlechtsidentität, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Körpers von der heterosexuellen Norm abweichen.

Bereits alles über Drags zu wissen, glauben auch einige Zuschauer noch vor Ende der ersten Sendung. Während die Folge im November 2019 über die Bildschirme flimmert, hat das Netz schon seine hässlichste Seite offenbart. Und fest verankerte Vorurteile äußern sich in homophoben Hate-Kommentaren: „Könnt ihr mal diesen sinnlosen Tuntenball aus dem Programm nehmen?“, kommentiert ein User auf Facebook. „Zum Kotzen, diese Freak-Show“, schreibt ein anderer. „Jetzt bekommen diese geisteskranken Schwuchteln auch noch Sendezeit.“ Auch die ProSieben-Zuschauerredaktion kann sich vor hasserfüllen Zuschriften kaum retten: „Wie kann man nur so eine hirnrissige Scheiße mit (…) Idioten, die nicht wissen, was sie sind, zeigen?“

Christiane Heinemann, Mitglied der Geschäftsführung von Redseven Entertainment (Photo)

Neben ihrer Rolle als Geschäftsführerin verantwortet die ehemalige ProSieben-Unterhaltungschefin auch als Produzentin eigene Formate. Gemeinsam mit den Executive Producern Alex Koch und Susan Schadwinkel sowie den Senderkollegen hat sie das Konzept von „Queen of Drags“ mit entwickelt.

Durch die große Reichweite, die wir zu besten Sendezeit des Tages haben, können wir den Fokus gezielt auf neue Themen legen, die sich vielleicht auch mal außerhalb der Lebensrealität einiger Zuschauer abspielt.

Christiane Heinemann Mitglied der Geschäftsführung von Redseven Entertainment

Shitstorms wie diese sind es, die Notwendigkeit und Intention der neuen ProSieben-Show „Queen of Drags“ so deutlich machen: Die Show will aufklären und dabei unterhalten. Dabei kämpfen zehn Drag-Künstlerinnen in sechs Folgen um den Titel der besten Drag Queen. Die Kamera begleitet sie bei ihrem Zusammenleben in der Villa und den Proben für die wöchentlich wechselnden Motto-Shows. Ihre Performances bewertet die Jury, bestehend aus Heidi Klum, Bill Kaulitz und Conchita Wurst. „Wir geben den Drag-Künstlerinnen eine Plattform, erzählen ihre ganz persönlichen Geschichten, zeigen Hintergründe auf – und haben dazu noch die großartigen Show-Elemente am Ende jeder Folge“, erklärt Heinemann das Mischkonzept aus Dokumentation, Reality- und Casting-Sendung. Dass Dinge nicht immer so sind, wie sie auf den ersten Blick zu sein scheinen – diesem Gedanken entbehrt sich auch das Format als solches nicht: „Denn wer sagt denn, dass Unterhaltung nicht auch Bildung sein kann?“.

Denn wer sagt denn, dass Unterhaltung nicht auch Bildung sein kann?

Christiane Heinemann Mitglied der Geschäftsführung von Redseven Entertainment

Diesen Ansatz verfolgt das Team von Redseven und ProSieben konsequent und von der allerersten Konzeptphase an. „Das erforderte vor allem Mut. Denn wir wollten die Drag Queens aus der Nische herausholen und in der Primetime glänzen lassen“, sagt Elisabeth Sofeso, senderseitige Executive Producerin von „Queen of Drags“. „Es passt zu uns, zu ProSieben. Eben weil es neu, anders und mutig ist.“ Oberste Prämisse dabei: die erwartbar schrille, bunte Drag-Show-Welt auf der Bühne mit Relevanz und einer, wie Sofeso es beschreibt, „nachhaltigen Tiefgründigkeit zu füllen. Indem wir auch den Menschen hinter den Kunstfiguren Raum geben, ihre sehr emotionalen und persönlichen Geschichten zählen. Wir wollten unsere Protagonisten sowohl in all ihren Facetten abbilden, als ihnen auch die große Bühne geben, die sie verdienen.“

Elisabeth Sofeso - Executive Producerin Content Creation ProSieben (Photo)

Als Executive Producerin bei ProSieben trägt Elisabeth, genannt Lizi, die inhaltliche Verantwortung für das Format. Sie fungiert als Schnittstelle zwischen Sender- und Produzentenseite und hat „Queen of Drags“ zusammen mit Kollege Stephan Hahn von der allerersten Idee bis hin zur Ausstrahlung betreut. Mit Jurymitglied Heidi Klum arbeitet Lizi schon seit Jahren für „Germany’s next Topmodel“ eng zusammen: „Heidi ist ein großer Fan der Drag-Szene und war, wie auch bei GNTM, stark in die Formatentwicklung involviert“.

Wir wollten unsere Protagonisten sowohl in all ihren Facetten abbilden, als ihnen auch die große Bühne geben, die sie verdienen.

Elisabeth Sofeso Executive Producerin Content Creation ProSieben
Conchita Wurst, Heidi Klum und Bill Kaulitz mit den Kandidatinnen von "Queen of Drags" (Photo)
Dreh-Besprechnung am Set: Show-Teilnehmerin Kathy Bähm, Stephan Hahn (Executive Producer ProSieben), Isabella Soric (Consumer Engagemenet Manager MAC Cosmetics Deutschland) und Christiane Heinemann (v.l.n.r.). 

Zur Öffentlichkeit gehört die Drag-Kultur nicht erst seit dieser ProSieben-Show. Mit Olivia Jones oder Lilo Wanders sind Drag Queens bereits seit Jahren Teil der TV-Landschaft. „Doch das Thema blieb weiter am Rand, deshalb wollten wir die eindrucksvolle Welt der Drag Queens für die Zuschauer greifbar machen“, sagt Sofeso. Das vermeintliche Wissen beschränke sich oft auf stereotype Reduktionen: „Viele glauben, es sind ‚einfach‘ schwule Männer, die sich als Frauen verkleiden. Dabei ist eine Drag Queen nicht automatisch auch homosexuell. Und Drag Queens möchten keine Frauen sein. Es ist eine aufwändige und facettenreiche Kunstform. Deshalb haben wir überlegt, wie wir Zuschauer für dieses Thema unterhaltsam begeistern. Die große Show am Hauptabend sollte zeigen, was Drag-Sein bedeutet, warum unsere Kandidatinnen diesen Weg eingeschlagen haben und wie sie leben. Denn kaum einer weiß, dass so viel mehr dahintersteckt als ein bisschen Spaß und Verkleidung – nämlich eine eigene Kultur, die gesellschaftlich relevante Botschaften mitbringt und großen Respekt verdient.“

Diese Botschaften tragen die Queens in Folge 4 selbst vor, sprechen über ihre Motivation zur Teilnahme an der Sendung, Probleme mit ihrer Sexualität und Erfahrungen mit Ausgrenzung und Diskriminierung. Viele von ihnen unter Tränen. Und alle geeint in der Absicht, Aufklärung zu leisten. „Uns passieren viele schlimme Dinge. Freunde sind verprügelt, bespuckt, bedroht worden. Wo ich wohne, könnte ich nie Händchen haltend mit einem Mann durch die Stadt gehen.“, sagt Aria Addams. Und Vava Vilde ergänzt: „Wir können anderen Mut machen! Ich gehe in diese Sendung nicht nur für mich, sondern für eine komplette Community und um Licht auf Themen zu werfen, die zu wenig Gehör finden.“

Wir können anderen Mut machen! Ich gehe in diese Sendung nicht nur für mich, sondern für eine komplette Community und um Licht auf Themen zu werfen, die zu wenig Gehör finden.

Vava Vilde Drag Queen

Über den Drehtag zu jener Folge hat auch Sofeso lange nachgedacht. „Respekt und Toleranz sind auch in der heutigen Zeit mit globalem Weltverständnis nicht selbstverständlich. Leider spielt immer noch viel zu oft die Frage woher man kommt, wen man liebt oder wie man aussieht, eine Rolle. Und so lange das so ist, möchten wir die Öffentlichkeit sensibilisieren und informieren. In der Hoffnung, dass wir mit Formaten wie ‚Queen of Drags‘ den einen oder anderen erreichen und zum Nachdenken bewegen.“ Dass die Show hierzu ihren Beitrag geleistet hat, offenbart sich ebenso in den sozialen Medien. Frei nach Queen Catherrine Leclerys Motto „Don’t hate me, celebrate me!“, rücken Hate-Kommentare in den Hintergrund, werden vom aufkommenden „Lovestorm“ erstickt: „Mein Papa hat gerade zum ersten Mal ‚Dragqueen‘ gegoogelt. Damit habt Ihr schonmal einen Zuschauer dazu gebracht, sich über das Thema zu informieren und sich dafür zu interessieren“, schrieb eine Twitter-Userin. Ein anderer schreibt: „10 schwule Männer werden in #QueenofDrags als mehrdimensionale Menschen mit Stärken, Schwächen, Talenten und Problemen dargestellt. (…) Das ist ein fucking Big Deal.“ Und: „Outing, homosexuelle Partnerschaften, Drag … Ich liebe es, dass diese Themen in der Primetime zur Sprache kommen.“

Kathy Bähm, Stephan Hahn, Isabella Soric und Christiane Heinemann (Photo)
We are Family: Die Juroren Conchita Wurst (4.v.l.), Heidi Klum (mittig) und Bill Kaulitz (6.v.r.) mit den Kandidatinnen der ersten Staffel von "Queen of Drags". 

Auch für Heinemann bedeutet der Sendeplatz in der Primetime nicht automatisch, dass das Thema schon akzeptierter Bestandteil der Gesellschaft ist. „Dass sich da noch einiges verändern muss, haben alleine die Hass-Kommentare im Netz deutlich gemacht. Aber: Durch die große Reichweite, die wir zu besten Sendezeit des Tages haben, können wir den Fokus gezielt auf neue Themen legen, die sich vielleicht auch mal außerhalb der Lebensrealität einiger Zuschauer abspielt. So fördern wir Toleranz und Offenheit, klären auf und setzen ein Zeichen gegen Vorurteile. Damit Vielfalt eben nicht nur auf den Bildschirmen stattfindet, sondern auch in der Realität gelebt wird.“

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Vielfalt bei ProSiebenSat.1

Die Mischung macht’s: ProSiebenSat.1 schätzt die Vielfalt an individuellen Eigenschaften, Erfahrungen und Kenntnissen, die Mitarbeiter und Führungskräfte in das Unternehmen einbringen und betrachtet Diversität als wichtigen Erfolgsfaktor für die Entwicklung des Konzerns. Es gehört daher nicht nur zu unserem Selbstverständnis als Medienhaus, sondern auch als Arbeitgeber, im Personalbereich Rahmenbedingungen zu schaffen, die Vielfalt in der Belegschaft fördern und den individuellen Interessen unserer Mitarbeiter gerecht werden. Vor diesem Hintergrund hat die ProSiebenSat.1 Group bereits 2014 die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Wir unterstreichen damit unser Engagement, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das frei von Vorurteilen und Ausgrenzung ist. Wir stellen Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen ausschließlich nach objektiven Kriterien ein und fördern sie allein aufgrund ihrer Kompetenzen. Faktoren wie Alter, Behinderung, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtliche Identität, Religion und Weltanschauung sowie sexuelle Orientierung spielen keine Rolle. Mit internen Aktionen und Kampagnen machen wir zusätzlich auf das Thema Vielfalt aufmerksam, darunter zum Diversity-Day oder der Pride Week. Seit dem Frühjahr 2020 haben sich zudem einige Mitarbeiter zu einem „LGBTIQ+ -Stammtisch“ zusammengefunden, um für das Thema zu sensibilisieren und innerhalb des Unternehmens ein Netzwerk für Interessierte aufzubauen.